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Auch wenn sie inzwischen in vielen Bundesländern wieder abgeschafft worden sind, so gibt es dennoch eine Reihe von Ländern, in denen nach wie vor sogenannte Langzeitstudiengebühren erhoben werden. Diese sollen dazu dienen, Studierende von einer wesentlichen Überschreitung der vorgegebenen Regelstudienzeiten abzuschrecken.
Gegenwärtig können in Bremen, Niedersachsen, im Saarland, in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen Langzeitstudiengebühren erhoben werden. In Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hat man sich dagegen inzwischen wieder von diesem Gedanken verabschiedet.
Diese Gebühren in Höhe von meist 500 Euro (Niedersachsen: 600-800 Euro) sind zusätzlich zum regulären Semesterbeitrag ab einer Studiendauer von 4-5 Semestern über der Regelstudienzeit zu entrichten. Die genauen Bestimmungen sind allerdings wieder von Bundesland zu Bundesland verschieden.
Vorteile für Teilzeitstudierende
Langzeitstudiengebühren, zumal noch reguläre Semesterbeiträge hinzu kommen, stellen somit eine empfindliche finanzielle Bürde dar, zumal gerade Langzeitstudenten meist zu den weniger Gutbetuchten gehören und sich häufig mit Nebenjobs über Wasser halten müssen.
Die gute Nachricht für Teilzeitstudierende: In ihrem Fall wird die Höhe der Langzeitstudiengebühr pro Semester natürlich halbiert. Außerdem wird auch die Regelstudienzeit entsprechend angepasst. In Niedersachsen werden beispielsweise zur Klärung der Frage, ab wann ein Studierender Langzeitstudiengebühren zu zahlen hat, nicht die Fachsemester sondern die bereits erreichten Leistungspunkte herangezogen. Das macht die Beurteilung recht unkompliziert.
In Thüringen dagegen werden die bereits absolvierten halben Fachsemester zusammengezählt und auf volle Fachsemester abgerundet. So werden einem Teilzeitstudierenden, der bereits 7 Halbsemester studiert hat, nur 3 Fachsemester angerechnet. Teilzeitstudierende werden also durch die Regelungen zur Langzeitstudiengebühr nicht benachteiligt oder sogar leicht bevorteilt.
Ausnahmeregelungen und Befreiung von Langzeitstudiengebühren
Sollte dennoch irgendwann ein entsprechender Gebührenbescheid ins Haus flattern, so darf die Lage nicht gleich als aussichtslos hingenommen werden. Wenn Sie der Meinung sind, dass in Ihrem Fall irgendein Grund gegen die Zahlung von Langzeitstudiengebühren vorliegen könnte, so gilt es vor allem umgehend einen Widerspruch einzulegen. Teilweise gibt es auf den Webseiten der Hochschulen oder im Studentenwerk sogar entsprechende Vordrucke dafür.
Um die Bearbeitung zu beschleunigen legen Sie dem Schreiben am besten gleich Kopien der entsprechenden Nachweise bei, die Sie von der Zahlungspflicht befreien könnten. Allerdings müssen Sie in jedem Fall die Gebühr erst einmal überweisen, wenn der Stichtag näher rückt und Sie noch keine Antwort erhalten haben.
Semesteranzahl nachprüfen
Wie lässt sich nun die Zahlung von Langzeitstudiengebühren umgehen oder zumindest hinauszögern? Schauen sie zunächst einmal nach, ob die im Schreiben angegebenen Semester tatsächlich der Realität entsprechen. Kritisch wird es vor allem, wenn Sie zu Beginn Ihres Studiums einen Fachrichtungswechsel vorgenommen haben. Sollte dieser innerhalb der ersten beiden Semester erfolgt sein, so werden diese Semester nicht auf die Studiendauer angerechnet und Sie haben Glück.
Ein späterer Fachrichtungswechsel setzt Sie dagegen deutlich in Nachteil. Argumentieren Sie aber auch in einem solchen Fall gegebenenfalls, dass zum Zeitpunkt Ihres Studiengangwechsels noch keine Langzeitstudiengebühren existiert haben (schließlich wurden diese erst im Laufe der letzten Jahre eingeführt) und Sie damals auf der Basis der damaligen Rechtslage gehandelt haben.
Keine doppelten Gebühren bei Mehrfachimmatrikulation
Wenn Sie an zwei Hochschulen ein Parallelstudium betreiben, so können Sie davon auch profitieren, denn Sie sind üblicherweise nur zur Zahlung von Langzeitstudiengebühren an einer Hochschule verpflichtet, nämlich in dem Studiengang, in dem Sie schon am längsten studieren.
Offiziell anerkannte Gründe für die Gewährung eines Zahlungsaufschubes
Berücksichtigt werden bei der Anrechnung auf die Regelstudienzeit zudem auch noch Tätigkeiten in der Hochschulorganisation, Betreuung eines Kindes, Pflege eines Angehörigen, Auslandsstudiensemester, längere Praktika und Absolvierung eines praktischen Jahrs sowie Zeiten längerer Krankheit oder die Verlangsamung des Studiums aufgrund einer chronischen Behinderung. Auch in einem Urlaubssemester wird keine Langzeitstudiengebühr fällig.
Gegebenenfalls Härtefallantrag stellen
Im Falle einer Behinderungen oder sonstigen Erkrankungen sowie bei Vorhandensein von Traumata als Folge einer erlittenen Straftat oder durch den Tod eines nahen Angehörigen kann auch ein Härtefallantrag eingereicht werden. Dieser kann unter Umständen auch geltend gemacht werden, wenn Sie als ausländischer Studierender an eine deutsche Hochschule gekommen sind und hier erst deutsche Sprachkenntnisse erwerben mussten. Ein weiterer Grund für einen Härtefall liegt vor, wenn Sie sich bereits im letzten Prüfungsabschnitt befinden sollten. Dies ist der Fall, wenn Sie zur Abschlussarbeit/Abschlussprüfung bereits angemeldet sein sollten.
Auch eine wirtschaftliche Notlage berechtigt zum Härtefallantrag. Diese kann vorliegen, wenn Ihr Einkommen unterhalb des BAföG-Höchstsatzes liegt. Oftmals kann dieses Argument aber nur in zeitlicher Nähe zur Abschlussprüfung akzeptiert werden.
Studierende im Zweitstudium unter Umständen im Vorteil
Falls Sie bereits ein Zweitstudium (also einen zweiten Studiengang, nicht ein konsekutives Masterstudium!) absolvieren, gibt es auch hier Möglichkeiten zur Hinauszögerung der Zahlungspflicht. Wenn nämlich ihr Berufsziel das Erlangen des zweiten Abschlusses berufsrechtlich erfordert oder ihr Abschluss im Erststudium weit über dem Jahrgangsdurchschnitt lag, werden die Regelstudienzeiten erst addiert, bevor Sie zur Kasse gebeten werden.
Weitere Gründe finden
Sollte keiner dieser gemeinhin anerkannten Gründe auf Sie zutreffen, aber Ihnen ein anderer berechtigter Grund einfallen, der in Ihrem Fall für eine Hinauszögerung der Studienzeit verantwortlich war oder ist, so machen Sie auch dazu Angaben. Dies können sein: Ausfall eines Lehrers, Streichung von Kursangeboten, keine Zulassung zu bestimmten Kursen oder Praktika aufgrund von Überbelegung ect. Hier können Sie ruhig etwas kreativ sein. Gründe dieser Art werden zwar nicht zwangsläufig von der Hochschulverwaltung akzeptiert, aber vielleicht haben Sie damit Glück. Natürlich ist es geboten, bei der Argumentation stets sachlich zu formulieren.
Rechtmäßigkeit auch für zurückliegende Zahlungen prüfen
Sollten Sie im Nachhinein feststellen, dass doch irgendein Grund gegen die Zahlung der Langzeitstudiengebühr spricht, so machen Sie auch dies mit den entsprechenden Nachweisen geltend. Unter Umständen können Sie auch nach Ablauf der Widerrufsfrist noch Ihre Zahlung für vergangene Semester erstattet bekommen oder schon im Voraus für das darauffolgende Semester davon befreit werden. Dies gilt vor allem im Falle der offiziell anerkannten Gründe.
Letzter Ausweg: Klagen
Schließlich kann in berechtigten Fällen auch das Einklagen der Befreiung von der Langzeitstudiengebühr Erfolgt versprechen. Hier sollten Sie natürlich Aufwand und erzielbares Ergebnis sorgsam miteinander abwägen.
Die Entscheidung muss in jedem Fall individuell erfolgen, das heißt auch wenn andere Studierende bereits erfolgreich mit einer Klage die Zahlung von Langzeitstudiengebühren abwenden konnten, so muss das nicht auch gleichzeitig für Sie gelten. Zumindest bis eine Änderung im entsprechenden Landeshochschulgesetz vorgenommen wird.
Auch sollte dringend auf die Klagefrist geachtet werden, die meist innerhalb eines Monats nach Zugang des Bescheides abläuft. Wer klagt, muss jedoch trotzdem unter Vorbehalt die Gebühren zahlen. Eine Erstattung ist nur rückwirkend nach juristischem Erfolg möglich.
Informationen zu Langzeitstudiengebühren nach Bundesländern finden Sie hier.